Liebe Engagierte, liebe Interessierte,
Sie kennen das ja nun bereits, die Einleitung meiner E-Mail an Sie beansprucht unerhört viel Raum im Verhältnis zum Gesamttext.
Ansonsten hier ein paar Gedanken anlässlich des 5.12…
am vergangenen Montag war der internationale Tag des Ehrenamts – sicherlich haben Sie dies bereits mitbekommen. Das Bundesinnenministerium hat anlässlich dieses Tages die Kampagne „Ehre wem Ehre gebührt“ gestartet. Die Informationen zu dieser Kampagne finden Sie auf der entsprechenden Webseite des Ministeriums unter: https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/buergerschaftliches-engagement/ehrenamt-kann-gemeinschaft/ehrenamt-kann-gemeinschaft-artikel.html.
Außerdem hat sich die Bundesregierung den Auftrag gegeben, für die aktuelle Legislaturperiode eine Ehrenamtsstrategie zu entwickeln. Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) sammelt dazu Themen, die engagierte Menschen beschäftigen. Es soll eine breite praxisorientierte Diskussion entstehen, welche auf der Webseite des Projekts abgebildet wird – und auf deren Grundlage Empfehlungen formuliert werden sollen. Auf der Webseite https://www.zukunft-des-engagements.de/ können Sie sich beteiligen.
Die Süddeutsche Zeitung hat dem Thema Engagement bereits im September ein mehrseitiges ‚Spezial‘ gewidmet, auf das ich anlässlich des Festtages aufmerksam machen möchte – „Vom Glück, anderen zu helfen“ lässt sich dort lesen: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kolumne/soziales-engagement-ehrenamt-sozialstaat-glueck-e660086/?reduced=true [Paywall]. In seinem einleitenden Artikel schlägt Kurt Kister einen großen Bogen. Vom Sozialstaatsprinzip, wie es im Grundgesetz angelegt ist, über die Nächstenliebe, die Frage ob es eine ‚Pflicht zum Engagement‘ geben kann bis hin zu einer Verteidigung des ‚Gutmenschentums‘: „Es ist besser, ein Gutmensch zu sein, als als schlechter Mensch zu leben“.
Der Wertschätzung und dem Dank, die aus den Wortmeldungen zum Tag des Ehrenamts sprechen, schließe ich mich vollumfänglich an. Auch meinen Kolleg:innen im Fachdienst für Geflüchtete ist die Unverzichtbarkeit ehrenamtlichen Engagements in unserer Arbeit bewusst – und unsere Wertschätzung Ihnen gegenüber gilt nicht nur an symbolischen Tagen, wie dem 5. Dezember. Trotzdem hoffe ich, dass wir im kommenden Jahr – hoffentlich dem ersten kompletten Jahr der Post-Corona-Zeit – Gelegenheit haben werden, wieder häufiger bei Veranstaltungen aufeinander zu treffen, bei denen Engagement, die Wertschätzung und die Weiterentwicklung unserer Zusammenarbeit Thema sind. Dies ist mir ein früher Vorsatz für das Jahr 2023.
Den vielen Beiträgen zum Tag des Ehrenamts gemein ist häufig ein Aspekt – der Verweis auf die Krisenfestigkeit einer Gesellschaft. Ein Echo von „Wir schaffen das“ – mit Betonung auf dem ‚Wir‘. Dabei erzeugt der Begriff der ‚Krise‘ den Eindruck als handle es ich um zeitlich befristete Phänomene, die aus heiterem Himmel über uns hereinbrechen. Inzwischen teilen wohl viele von uns das Gefühl, dass dieses Bild nicht immer ganz passt. Vielleicht haben wir es bisweilen weniger mit Krisen zu tun, als vielmehr mit echten systemischen Defiziten? – wenn dem so ist, dann herrscht auch die Gefahr, dass unter dem Argument der ‚Krisenzeit‘ bürgerliches Engagement für originär staatliche Aufgaben der Daseinsvorsorge missbraucht wird. Zur Frage ob dies so ist, gibt es sicher viele gut begründete Positionen gegeneinander abzuwägen – ein interessantes Interview zu diesem Thema hat der Deutschlandfunk Kultur am Montag mit der Soziologin Tine Haubner geführt. Frau Haubner kritisiert die ‚Ausbeutung‘ von Ehrenamt und hat gemeinsam mit Silke von Dyk das Buch „Community Kapitalismus“ geschrieben. Das Gespräch zum Nachhören gibt es unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/tag-des-ehrenamtes-100.html
Rundmail Koordinator Hilfen für Geflüchtete weiterlesen